…zwischen Verzweiflung und Gewissheit…

Wenn ich so ganz schnell, ohne mir viel Zeit zu lassen über die Frage „Was ist meine Bestimmung“ nachdenke, dann kommt ganz schnell die Antwort: „na Singen und Coachen!“. Aber ist es das wirklich? Und nur das? Ich habe jetzt mal wieder bei einer Challenge von Judith Peters mitgemacht, (kann ich nur empfehlen) und hier sind wir dieser Frage etwas nachgegangen. Müssen wir zB mit unserer Bestimmung Geld verdienen, oder muss es was richtig GROSSES sein, muss ich ein Star werden?

Meine und Judiths Antworten sind sehr ähnlich, weder muss es Geld bringen, noch muss man berühmt werden, noch muss es eine einzige Sache sein, es dürfen mehrere Sachen sein.

Mit dem Herzen muss ich mich damit verbinden können, find ich. Es muss mir ein Anliegen sein, ich muss dafür brennen und es ist verknüpft mit der Frage: was will ich bewirken,

was will ich hinterlassen?

Als ich jung war, da wollte ich gerne ein Popsternchen werden. Ich sang in Bands meist Mainstream Funk & Soul, ein bisschen Jazz und träumte davon mit Glitzerkleidern von Konzert zu Konzert zu tingeln. Meine Realität sah etwas anders aus, meine Konzerte waren meist nicht ganz so glamourös wie ich es mir ausgemalt hatte, mal sassen wir direkt neben den Klos und bekamen den Lärm und den Duft der Küche ab, mal mussten wir uns in schäbigen Abstellräumen umziehen, manchmal auch auf der Toilette. Ich lernte so meine Scham abzulegen, Privatsphäre Fehlanzeige und mich in WCs einzusingen (oft ein guter Sound, by the way). Manchmal gab es Locations, da war das anders und wir bekamen einen schönen Raum, mit Catering und Couch.

Gleichzeitig bestand mein Leben eben nicht wie gewünscht aus nur Konzerten und Proben, ich musste Hausarbeiten schreiben und für andere Fächer üben. Immerhin studierte ich noch und Kunst, Pädagogik und Deutsch, all das wollte irgendwie ja auch bedient werden. Zudem jobbte ich auch noch als Kamera-Tonfrau freelance für TV und Industrie. So war ich ein Chameleon und super gut im Rollenwechsel. Als Tonfrau trug ich Cargo Pants mit vielen Taschen und schlichte T’s, packte an und bewegte mich in einer damals quasi völligen Männerdomäne, als Sängerin war ich gleichzeitig Managerin und Kollegin, je nach Ensemble oder Band und wechselte die Genres. Für Glitzerkleider sorgte ich.

Rückblickend muss ich sagen, es ist ok,

dass dieser Traum nicht wahr geworden ist. Ich war und bin viel zu eigensinnig, für das, was ich mir da ausmahlte. Das merkte ich spätestens als ich mich für die Casting Show Popstars bewarb. In dem Jahr als BroSis gewählt wurde. Ich fühlte mich etwas fehl am Platz. Die Stimmbildnerin die mich ausscheiden lies, sie sagte noch nett zu mir, dass ich ne schöne Stimme habe, aber dass es nicht passt. Viel später erst, verstand ich, was sie gemeint hatte.


Heute weiss ich, ich liebe das was eben nicht Mainstream ist, ich erfreue mich an dem was nicht glatt ist. Glitzer mag ich immer noch. Ich liebe es mit Menschen zusammen zu arbeiten, gemeinsam etwas zu schaffen, gefordert zu werden, Neues auszuprobieren, zu kooperieren, hilfreich zu sein.

Judith fragte noch: was wäre ein perfekter Tag für mich? Die Antwort kam wie aus der pistole geschossen: Proben oder Konzert (meine eigene Musik mit ænee oder Musiktheater oder grosse Band/ Ensemble Geschichten), Projekt Entwicklung mit anderen Bühnenleuten und Unterricht & Coaching und dann meine Freund:innen und Lieben um mich haben. Das sind wirklich die Sachen, die ich am liebsten mag, dann bin ich happy.

Rauszukriegen, was der Sinn des Lebens, die Erfüllung, die Bestimmung ist, ist ein Weg und weil ich wohl mit einer gewissen stoischen Penetranz diesen Weg schon so lange gehe, trotz aller Hindernisse, kenne ich das „how“ ganz gut. In der japanischen Kultur heisst all das: Ikigai:

„Das Wort Ikigai steht für all das, wofür es sich zu leben lohnt und wofür man am Morgen aufsteht. Es sind jene Dinge, die die Bereiche Leidenschaft, Aufgabe, Job und Berufung vereinbaren. Mit dem Ikigai-Modell stellen Sie sich Fragen, die Ihnen dabei helfen, Ihren Sinn des Lebens zu finden.“

Philipp Steubel

Kurz was zu den Hindernissen

Hier muss ein kleiner Einschub her.
Bestimmung kann angeboren (wie bei Prinzen und Königinnen) sein,
oder wird gewählt (Politiker:innen),
manch ein:r wird gerufen durch soziale Ungerechtigkeit (Aktivist:innen),
manch ein:r durch Glück & Talent (Künstler:innen, Musiker:innen, Wissenschaftler:innen, Ärztinnen inclussive der harten Arbeit)
und eben auch durch Leid.

Mein Leid hab ich so gut ich konnte immer beim Schopf gepackt und es versucht zu wandeln. Sehr oft ist mir das gelungen und das hat mich dann eben angetrieben, anderen davon zu berichten, damit sie ihr Leid auch bezwingen können.

Darum habe ich die AW Starthilfe gegründet und natürlich auch mein Coaching Programm Transformations ins Leben gerufen. Das ich auch von sozialer Ungerechtigkeit angetrieben bin, hatte ich fast vergessen: meine Linkliste und mein soziales Engagement in Sachen Feminismus zeugt davon.

Mir gibt die Beschäftigung mit Lösungen statt nur mit Problemen Energie. Ja ich würde sogar sagen, es rettet mir immer wieder das Leben. Ich erinnere die Zeit, als ich 2016 einen schlimmen Autounfall hatte, wegen einer unerkannten Hirnblutung Symptome erlebte, die mich fast aus-nockten (ganz sachlich ist es ein kleines Wunder, das sich überlebt habe).

Damals kämpfte ich zB mit Lähmungserscheinungen, mit Wortfindungsstörungen, Vergesslichkeit, mit Hirnnebel und Schmerzen, die ich so noch nicht kannte, 24/7, ich konnte eine lange Zeit nicht mehr mit der Hand schreiben oder zeichnen. Ich tat alles was mir möglich war um gesund zu werden, auch Ruhe gehörte dazu. Gleichzeitig war mir es wichtig zB für meinen Berufsverband politische Arbeit zu machen und in der Arbeitsgruppe zu sein, die die Musiker Honorarstandards ins Leben rief. Es gab mir Sinn und Halt und das wärenD mein Leben jeglichen Halt verlor.

Es ist sicher hilfreich zu wissen, was einen antreibt, umtreibt, aufregt um zu finden, wie man seine Wut umwandeln kann, für sich nutzen kann. Wut und Ärger richten sich sonst gegen einen selbst. Das ist nicht hilfreich. Zumindest sind das meine Beobachtungen.

Wie sieht also dieses Ikigai aus? Das Modells besteht aus 4 Hauptfragen:

  • Was liebe ich?
  • Was wird benötigt?
  • Wofür zahlen Menschen?
  • Was kann ich?
IKIGAI, die japanische Kunst rauszufinden, was unsere Bestimmung ist, in einer sehr schludrigen Skizze von mir

Hast Du dich auch schon gefragt, was Dein Ding ist, Deine Bestimmung? Ich fragte mich also, was kann ich denn sonst noch gut, ausser singen, Stücke entwickeln und Leuten was beibringen?
Meine kleine bescheidene Liste (ohne Anspruch auf Vollständigkeit), als Anregung, auf dass Du Deine Liste machst:

  • Zeichnen und Malen
  • Grafiken machen
  • organsisieren
  • Leute miteinander verbinden
  • Wohnungen einrichten, mit Farben und Formen arbeiten (das war sogar eine ganz kurze Zeit in meinem Leben mein Beruf)
  • mich einer Sache unterordnen, für die Sache arbeiten (mich der Sache zu Lieb zurück nehmen)
  • komplex Denken
  • schnell erfassen
  • empathisch sein
  • Hoffnung haben, wenn andere sie schon aufgeben
  • Dickköpfig sein
  • an das Leben und die Menschen glauben
  • spontan reagieren und agieren
  • Menschen mit Herzlichkeit begegnen
  • kochen
  • mit Style umgehen und anderen mit ihrem Style helfen (auch hiermit durfte ich kurz berufliche Erfahrungen sammeln)
  • witzig sein
  • streng sein
  • ernst sein
  • tanzen (ich liebe es für mich selbst)
  • Spazieren
  • reden
  • schreiben

Wo ist also die Überschneidung, die im Bild in der Mitte zu sehen ist, wo alles zusammenkommt? Ja, ich denke tatsächlich, meine Coaching-Tätigkeit und meine Kunst, sind die Bereiche, wo sich die „Mitte“ bildet. Das darf noch wachsen, denn nach so vielen Jahren krank sein und oben drauf Corona ist noch Luft nach oben, was Wohlstand angeht. Ich bin bereit für Aufgaben, ich habe Kapazitäten und ich kann Wandel anstossen, womit wir schon bei der Antwort sind auf:

„was bringe ich der Welt“?

Ich stärke Hoffnung. Damit man ins Tun kommt!

Das ist meine Superpower, ob jetz in meinem Unterricht, in meinem life Coaching, in meiner Musik mit ænee oder mit in meinem privaten Leben mit Freund:innen. Auch wenn das, wie zB im privaten oder im aktivistischen, wie zb in einem Verband, kein Geld einspielt, ist es wichtig und hinterlässt etwas. In der Welt.

Be the person you would have needed as a Kid

So oder so ähnlich hat das mal wer Schlaues gesagt und ich fühle diesen Satz. Das bedeutet Empathie für sich selbst üben und praktizieren. Das wiederum heisst Selfcare. Nein, nicht die Bubble Bath Nummer. Nein, für sich Sorgen, Selbstfürsorge ist Essen was einem und dem Körper gut tut. Für mich ist das Anthony William. Beruf und Leben in Einklang bringen. Genug frische Luft (ich arbeite noch dran), Natur erleben. Spass & Spiel einbauen (ich musste das erst lernen und lerne noch). Bewegung die Freude macht und dem Körper gut tut. Wahrnehmen lernen, was hilfreich ist, was eher nicht. Und ganz wichtig: Grenzen ziehen!

Empathie für sich selbst. Das ist der Anfang. Dann Neugier für die Wünsche und Bedürfnisse. Ich kann nur sagen, trust the process, dass ist wie beim Contouring, einfach machen! Blend, blend, blend.

 

via GIFER

 

Üben nicht zu Werten, oder wenigstens nicht so doll. Und dann vielleicht ein Blatt Papier hernehmen und das Ikgai Schema von oben benutzen und sich auf eine Reise begeben. Stift und Papier helfen mir dabei. Perfektion ist nicht wichtig. Nur TUN. Und dranbleiben.

Ich habe eine Antwort bekommen, in dieser Selbstbefragungsrunde, die Judith hier eingeläutet hat. Danke dafür Judith! 

Vielleicht hilft es Dir. Ich hoffe es. Vielleicht macht es etwas Mut. Mut können wir grad alle gut gebrauchen, oder? Ich jedenfalls.

von Herzen, Julia 

 


 

 

#blogyourpurpose