Guten Tag,

ich habe soeben festgestellt, dass die Kategorie „Grosse Grössen“ bei Damen, auf Ihrer Webseite weggefallen ist. Umstandsmode gibt es noch.  Jetzt muss ich jedes Kleidungsstück, was ich angucken will, nicht nur an extrem viel dünneren Models anschauen und weiss überhaupt nicht, wie es an dicken Körpern aussieht, sondern ich muss bei jeder Suche (Hosen, Jacken, Unterhosen etc) die Grösse als Suchkriterium dazugeben. Das braucht mehr Zeit und macht schlich keinen Spass. Die App habe ich schon lange gelöscht, weil sie schlicht extrem umständlich und unübersichtlich war und ich mich damit nicht sicher gefühlt habe.
H&M war bis vor kurzen, einer der wenigen Kleideranbieter in der Preisklasse, wo man sich nicht schlecht gefühlt hat, wenn man Kleidung als dicke Person gesucht hat. Wo man meist was fand, wenn man nicht auf die typischen Säcke und viel zu grossen Blumenmuster stand, wenn man aktuelle Mode mochte und nicht Mode die aussieht, als hätte sie eine beige liebende 70-jährige, Biederkeit und Langeweile schätzende Person der es nichts ausmacht auch für 85 gehalten zu werden, entworfen. Seit einiger Zeit, ich nehme an, seit dem Sie ihr System umstellen, finde ich nichts mehr. Jetzt erst recht.
Ich trage seit nun mehr ca 8 Jahren meinen Wintermantel, in Leoprint, den ich von H&M gekauft habe und bislang nicht ersetzen konnte, weil schlicht kein Anbieter, nicht mal die teureren bis zu 200€+, einen Ersatz boten, der modisch, cool und einfach gut an mir aussah.  Die Situation für Dicke sich modisch zu kleiden, war schon schrecklich. Erniedrigend und einfach nur bäh. Mit Ihrem neuen System fühle ich mich nicht abgeholt, eingeladen oder sonst wie respektiert. Als langjährige Kundin, durch meine Normalgrössenzeit von ca 1985 bis 2004 und meine dicke Zeit 2004 bis jetzt war ich immer treue H&M Kundin, weil ich immer irgendwas gefunden habe, mit einer kurzen Pause, als C&A ein deutlich modischeres Angebot hatte. Jetzt, wo ja sowieso nur noch online shoppen geht (? wenn nicht freu ich mich). Ca 2008 habe ich Ulla Poppken (der grösste Anbieter für Mode für Dicke in Deutschland) einen ähnlichen Brief geschrieben. Passiert ist nicht wirklich was.  Ausser neulich, da hatten sie eine schwarze Biker Lederjacke aus Echtleder im Angebot. Die war derart gut, da habe ich die 400€ hingelegt. Sonst auch hier, wenig Fun oder Funde und sicher kein schönes Shopping Erlebnis.
Warum erzähle ich Ihnen von einem anderen Anbieter? Weil ich hoffe, dass Sie anfangen zu erkennen, dass wir dicken Frauen* Kundinnen sind, die genauso wie die mit den sogenannten Normalgrössen, einfach nur schöne, modische (womöglich noch fair hergestellte) Kleidung kaufen wollen, so, dass wir uns nicht ausgegrenzt fühlen, das es Spass macht und das wir uns schön fühlen. Sprich, all das, was Sie den Grössen 34-42/44 bieten = ein schönes Kauferlebnis.
Wir sind statistisch kein kleiner Teil Ihrer Kund:innenschaft und ich spreche jetzt einfach mal für mich und alle meine (dicken) Freund:innen die so denken. Ich bin Stimmbildnerin, Sängerin und stehe daher viel vor Menschen und performe, würde ich so krass unegemütlich und unpleasant abliefern, ich wäre komplett ohne Arbeit.  Aber statt mich darauf zu freuen, dass ich mir ein neues Kleid, einen Mantel oder ein neues Top kaufen muss, weil ich ein Shooting habe oder eine:n anspruchsvolle:n Kund:in mit meiner Moderation begeistern darf, habe ich jedes mal Bammel und Stress irgendwas zu finden, was mir gefällt, mir steht und zu mir passt. Ich trage Grosse Grösse 48, habe eine hour glass figure, und eigentlich ist das gar nicht schwer. Ein V Ausschnitt und ein schöner Schnitt und ich seh gut aus. Ich gehöre also zu den priviligierten Dicken.
Bitte, leiten Sie diese Mail gerne weiter, ich werde sie auch auf meinem Blog veröffentlichen, als offener Brief. Ich bin eine Kundin, die sich grade ihren jahrelangen Frust von der Seele schreibt und die wirklich versteht, warum Läden, wie Shein so viel Profit machen, denn dort kriegt man als Dicke auch schöne Sachen, sehr einfach und leicht im Überblick. Man muss nicht jedes Kleidungsstück extra checken ob es in der eigenen Grösse da ist und sieht es an Körpern, die zumindest nahe an der tatsächlichen Grösse sind. Ich würde wirklich gerne wieder bei H&M kaufen, schon weil ich hoffe, dort sind Arbeitsbedingungen und Gifte in Kleidung geringer als bei Shein, aber auch, weil es erschwinglich ist, aber so, so macht es keinen Spass. Und da ich von 2009-2012 eine kurze Zeit Kleidergrösse 36 bis 42 trug, isst meine Erinnerung noch recht frisch, wie viel mehr Spass es gemacht hat, damals so viel mehr Auswahl zu haben und einfach mitgedacht worden zu sein und nicht ausgegrenzt zu werden. Da die Kleidung von Shein auch noch teils gesundheitlich gefährlich sein kann, wird die Situation sich einzukleiden, noch schwieriger. Klamotten als Dicke Person Second hand zu kaufen, ist im Übrigen extrem schwierig, weil (meine Theorie) a) jede dicke Person die mal was gefunden hat, was passt und gefällt, das bis zum Zerfall trägt und b) wenn was abgegeben wird, es schlicht nicht gut sitzt, nicht gefällt und nicht so prall ist. Weil es ja schon neu kaum Auswahl gibt. Das reduziert natürlich das gebrauchte Angebot.  Wer schon mal ab Damen Größe 48 bei den gängigen Second Hand Online Portalen gesucht hat, kennt den Frust. Second Hand Läden im Städtchen erwähne ich hier nicht mal. Also, statt uns auszugrenzen, warum nicht mal uns zentrieren. Wir sind kaufkräftige, modisch ausgehungerte Kund:innen. Und WHY die dicken Models rausnehmen, sorry, aber fail.
Diese Mail ist ein Versuch, ein grosse Pretty Please. Don’t make me go to C&A, ich bin zwar 50 aber modisch nicht bereit so bieder zu werden. Ich will wieder Leichtigkeit und Spass haben, bei etwas, was mir seit ich eine Teenagerin bin, Spass gemacht hat. Pretty Please,
feiertägliche Grüße,
Julia Döbele
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fett ist politisch, fat shaming a thing, fat is political. fatpositivity, fashion, mode.
29.3.24