In 2015 (!) schrieb ich unten stehenden Kommentar/Post auf Facebook, zur Causa Naidoo und vor allem zum Umgang damit. Heute wurde ich daran erinnert und ich bin (fast) erschrocken, wie wir immer noch an diesem Punkt stehen. Mein Post (unten in Anführungszeichen) von vor 8 Jahren, es passt erschreckend gut ins Jetzt. Statt Reflexion gibt es Lager, statt Differenzierung Bashen und damit die verpasste Chance sich selbst und Gesellschaft zu entwickeln (die Diskussion unter meinem damaligen Post (bei Facebook) war auch erhellend):

„Seit der Nominierung von Xavier Naidoo und dem raschen Rückzug geht mir eins in dieser Diskussion völlig ab: der Blick auf uns selbst. Was hat das mit uns zu tun? Die Unterscheidung die ich Anne Chebu („Anleitung zum Schwarzsein“ https://www.facebook.com/AnleitungzumSchwarzsein/?fref=ts) hab machen hören, nämlich den Unterschied zwischen Rassismus und Rassismen. ->

Wenn ich jemensch eine Rassist_in nenne, stempel ich hab und komme in keine Richtung in eine Diskussion weiter, wenn ich jedoch die Rassismen anschaue, dann lässt sich womöglich diskutieren und weiter kommen. -> Rassismen haben wir alle in uns (wie alle anderen Ismen), letztere Erkenntnis lässt uns anders mit dem Thema umgehen und womöglich Critical Whiteness üben. Wahre Reflexion über unsere und gesellschaftliche Ismen üben und bearbeiten.

Ich bin die Letzte die Klarheit für falsch hält, sich zu positionieren halte ich für wichtig, gleichzeitig halte ich es für eine vertane Chance, in dieser Sache im Urteilen stecken zu bleiben. Ismen anschaun, das müssen wir, alle. Damit anfangen müssen wir selbst. Die Show- und Musikszene in Deutschland, sie könnte mit gutem Beispiel voran gehen, anstatt sich vage zu äußern. Sich selbst zu hinterfragen heisst nicht, andere nicht wachzurütteln, wenn sie Ismen perpetuieren oder geradewegs raushaun, schließt sich nicht aus, scheint mir aber nötig zu sein, um wirklich weiter zu kommen, in dem Thema.

Die Mitte der Gesellschaft, das sind doch irgendwie wir und eben die, die da unterschrieben haben. Und die Mitte ist recht unreflektiert was ismen angeht. Eine weisse, ableistische, hetero, cis, dude-bro-typen Sicht eben. Musiker_innen können eins gut, sich gedanklich zu bewegen. Warum nicht hier?
„Xavier Naidoo – Nachschlag

von Jutta Ditfurth

Wer wissen möchte, in welchem gesellschaftlichen Bereich die Kritik an modernem Antisemitismus, an Homophobie und Reichsbürger-Nationalismus – als wesentliche Voraussetzungen der neuen völkischen Massenaufmärsche wie Pegida, AfD usw. –, nicht angekommen ist, möge sich diese Namensliste ansehen. Die Belege für Xavier Naidoos antisemitische, homophobe und nationalistische Aussagen und Auftritte sind alle längst veröffentlicht und für jede/n, der es wissen will, zugänglich. Warum werden sie ignoriert? Was sind die Interessen?

Die Motive mischen sich vermutlich: Ignoranz gegenüber menschenfeindlichen Ideologien oder gar ideologische Nähe, wirtschaftliche Abhängigkeit, Opportunismus oder Angst vor dem Verlust (falscher) Freund*innen und Beziehungen. Unwissenheit nach Jahren intensiver Aufklärung? Unwahrscheinlich.

Die Liste hat aufklärenden Charakter: Menschen, die gegen Antisemitismus, Rassismus und völkischen Nationalismus kämpfen, wissen, auf wenn sie sich NICHT verlassen können. Bei einigen auf der Liste war das ohnehin klar. Andere haben sich jetzt entschieden.

[[Danke, Stefan Niggemeier für die Spiegelung der FAZ-Anzeige]]““

Manchmal ist dieser fb Rückblick zu was gut. Und sei es nur, dass ich sehe wo ich mal stand und wo wir jetzt stehen. Vielleicht hilft Euch eine solche Reflexion auch. Darum teil ich’s.